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Der schwierige Patient – Mythos oder Realität? No. 1/2021 | Dental Tribune

Im Umgang mit Herausforderungen sind wir Menschen unterschiedlich unterwegs. Von Sabine Kittel, Tuttlingen, Deutschland..

Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit in der zahnärztlichen Praxis ist geprägt vom Umgang mit unseren Patienten. Eine vertrauensvolle Verbindung zwischen den Patienten, dem behandelnden Zahnarzt und dem Team ist elementar wichtig.

Wie gelingt es uns, in den verschiedenen Situationen der Beratung, Motivation und Instruktion professionell mit dem „schwierigen Patienten“ umzugehen? Was genau macht den schwierigen Patienten aus? Für wen ist welcher Patient schwierig? Gibt es den typisch „schwierigen Patienten“ wirklich oder handelt es sich hierbei um einen Mythos, der durch die Praxen geistert?

Wenn wir die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Mythos“ zugrunde legen, handelt es sich hierbei um Erzählungen oder sagenhafte Geschichten. Es kann spannend sein, herauszufinden, wie es zu diesen Geschichten und damit zu dem Image eines Patienten kommen kann. In diesem Beitrag gehe ich auf die Vielschichtigkeit dieses Themas ein, um die verschiedenen Ebenen zu beleuchten.

Auf der einen Seite haben wir den Patienten mit all seinen Facetten. Er befindet sich womöglich in einer für ihn gefühlt ungünstigeren Position. Vielleicht hat er bereits früher schmerzhafte, belastende Erfahrungen beim Zahnarzt gemacht. Demgegenüber steht das Team der Zahnarztpraxis, das in der Durchführung der Behandlungen routiniert und selbstverständlich arbeitet, jedoch oft unter Zeitdruck, oder es herrscht Mitarbeitermangel. Also zwei unterschiedliche Wahrnehmungen und Sichtweisen, die im Resultat unterschiedliche Verhaltensweisen mit sich bringen.


Nichts ist so, wie es scheint!

Die Ängste der Patienten können vielfältig sein, und es ist wichtig für das Behandlerteam, diese möglichst genau zu erfragen, darauf einzugehen und vor allem ernst zu nehmen! Bleibt dies aus, wird es dem Patienten schlichtweg unmöglich sein, sich auf eine Behandlung einzulassen. Selbst die Beratung über eine bevorstehende Therapie wird wenig entspannt ablaufen. Alle möglichen Vorwände werden ins Feld geführt. Auch ein häufiges Resultat „des Gefühls des Nicht-verstanden-werdens“ kann die kurzfristige Absage oder das Ausbleiben zum Termin sein. Es entsteht ein unwiederbringlicher, nicht mehr gut zu machender finanzieller Schaden für die Praxis.

Wir kennen neben dem Namen des Patienten, der Anschrift, dem Beruf, dem Arbeitgeber, der Anamnese, dem zahnärztlichen Befund und den Röntgenbildern vielleicht noch das ein oder andere Private. Seinen aktuellen Gemütszustand und Probleme z. B. im Beruf oder familiäre Belastungen können wir nicht kennen. Wir sehen den Patenten und machen uns „ein Bild“. Vielleicht wirkt unser Gegenüber ernst oder gar grimmig, und schon läuft automatisch ein internes Programm bei uns ab. An dieser Stelle der Hinweis: Nichts ist so, wie es scheint!

Mit diesem „internen Programm“ begeben wir uns unbewusst in die Bereiche der Interpretation und Spekulation. Das gilt für das Privatleben gleichermaßen wie für den Beruf.

Je nachdem, wie dieser interne Programm geprägt ist, werden die Wortwahl, der Tonfall, die Körperhaltung entsprechend angepasst sein.

Schauen wir uns nun die fünf wichtigsten Punkte im Umgang mit Menschen und der Kommunikation an: innere Haltung, Wahrnehmung, Zustand, Wirkung und Rapport.

Die innere Haltung umschreibt die persönliche Einstellung, den wohlwollenden Umgang mit sich selbst und den anderen. Ohne Neid oder Eifersucht. „Ich bin okay – du bist okay!“ Menschen, deren innere Haltung von Grund auf positiv ist, leben nach ihren Werten, sind tolerant und respektvoll mit Andersdenkenden. Sie gehen gern auf Menschen zu, sind interessiert und weitgehend neutral in ihrer Bewertung.

Die Wahrnehmung eines Menschen ist individuell verschieden. Sie kennen das bestimmt aus ihrem Alltag. Drei Kolleginnen betrachten ein und dieselbe Sache. Getrennt voneinander befragt, werden drei verschiedene Beschreibungen dieser Sache zu hören sein. Ähnlich die Situation bei dem Beispiel eines Autounfalls. Je nachdem, aus welcher Perspektive und mit welcher Wahrnehmung eine Person den Unfall gesehen hat, wird dessen Beschreibung des Unfalls sein. Und gleichzeitig haben alle auch Recht – aus deren individueller Sicht!

Der eigene Zustand, in dem sich jemand aktuell befindet, ist oft ausschlaggebend für die jeweilige Reaktion. Kolleginnen, die schon genervt von der Familie, vom Partner oder Nachbarn in die Praxis kommen, werden voraussichtlich weniger gelassen auf eine vom Patienten vorgebrachte Beschwerde reagieren. Dieselbe Situation bei guter Verfassung wird voraussichtlich entspannt und verständnisvoll sein.

Bei der Wirkung, die wir durch unsere Körpersprache (Mimik, Gestik, Körperhaltung) auf andere haben, ist es zum einen wichtig, zu wissen, dass wir nicht nicht kommunizieren können. Verschränkte Arme müssen nicht zwangsläufig eine Abwehrhaltung bedeuten. Es könnte für die Person einfach eine entspannte Haltung sein. Das Gegenüber wahrzunehmen, ohne sofort in die Bewertung zu gehen, wäre die Devise.

Bei Rapport handelt es sich um die Bemühung, im unmittelbaren Kontakt zwischen Personen eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Hierbei ist es wichtig, sich zu Beginn des Gesprächs an das Gesprächsverhalten des anderen anzupassen – Tempo, Mimik, Körperhaltung, Stimme, Sprechgeschwindigkeit. Die Schaffung einer Basis des Verstehens ist die Voraussetzung, um Angebote, Termine, Verhaltensregeln für den anderen überhaupt akzeptabel werden zu lassen.

Es ist also die persönliche Einstellung im Umgang mit Menschen, die die Voraussetzung für eine erfolgreiche Beratung oder Motivation und Instruktion schafft. Das heißt, wenn Sie merken, dass es Ihnen etwas ausmacht, wenn ein Patient verschlossen und grimmig auf sie wirkt, wäre es wichtig, sich mit der Frage zu beschäftigen, warum das so ist. Die gute Nachricht: Die Antwort liegt bereits in Ihnen, und ja, es ist möglich, Dinge zu verändern, wenn Sie es wollen.

Die Ausgangsfrage

Kommen wir nun zu den eingangs gestellten Fragen: Wie gelingt es uns, in den verschiedenen Situationen der Beratung, Motivation „immer“ nur Ihnen passiert, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Jeder Mensch hat sich unbewusst Verhaltensmuster angeeignet, diese Muster können durch die Veränderung unserer Vorstellungen beeinflusst werden.

Abschließend zurück zu unserem Thema. „Der schwierige Patient“ ist aus meiner Sicht ein Mythos. Real ist die Tatsache, dass wir mit Menschen arbeiten, auf deren Bedürfnisse wir eingehen und deren Entscheidungen wir akzeptieren – auch wenn wir aus unserem therapeutischen Verständnis andere Vorstellungen haben. Immer
vorausgesetzt, dass die fünf wichtigsten Punkte der Kommunikation umgesetzt wurden und der Patient umfassend und verständlich aufgeklärt und beraten wurde.

Ich sehe es als Geschenk, dass uns Menschen in unserer Arbeit begegnen, die uns auf besondere Weise herausfordern und interessiert sind, die nachfragen und hinterfragen. Wie denken sie nun darüber? Sehen sie bei sich Entwicklungsbedarf? Ich wünsche Ihnen, dass auch für Sie der herausfordernde Patient im positiven Sinne
„aufreibend“ ist und Ihnen verhilft, zur Höchstform aufzulaufen – Spaß und Zufriedenheit sind garantiert!

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