Wie Sie erfolgreich mit den Stärken und Ressourcen Ihrer Praxis in Führung gehen
 

Das Mitarbeiterjahresgespräch - ein Auslaufmodell? No. 5/2022 | Dental Tribune

Wie sinnvoll und zeitgemäß ist es, in Zeiten einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt, an einem, in einem jährlichen Turnus stattfindenden Gespräch mit den Mitarbeitern festzuhalten?
Welches Ziel verfolgen wir mit dem Führungsinstrument „Mitarbeiterjahresgespräch“? Was soll oder kann es bewirken?

Mitarbeiterjahresgespräch

Das Mitarbeiterjahresgespräch kommt noch aus Zeiten der industriellen, vordigitalen Logik, in denen Ziele binnen Jahresfrist erreicht werden und so stabil planbar sind. Das Jahresgespräch entwickelte sich gleichzeitig als Leistungsbewertung, Zielvereinbarung und Feedback und streng genommen zu einem hohlen Ritual. Allein die Leistungskriterien haben sich inzwischen drastisch verändert. Für beide Seiten – Führungskraft und Mitarbeiter – wird es oft als unangenehme Pflichterfüllung und bloße Zeitverschwendung erlebt.
Wir erfahren täglich in der Praxis, wie schnell sich Trends, Umweltfaktoren und Verfahren ändern können. Alle im Team müssen sich somit fortlaufend den Veränderungen anpassen. Das heißt für die Führungskräfte, die Mitarbeiter kontinuierlich abzuholen und das Instrument des Mitarbeitergesprächs fortlaufend im Sinne von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen anzuwenden.

Einmal im Jahr reicht bei Weitem nicht mehr aus, um wirkungsvoll die Entwicklung der Menschen im Praxisunternehmen voranzubringen. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, mit dem Instrument „Feedback“ oder der Steigerung „Feedforward“ zu arbeiten. Für beides gilt: Es muss sofort und unmittelbar gegeben werden. Am Ende des Jahres mit einer Liste guter und weniger guter Ereignisse „abzurechnen“, ist nicht sinnvoll und wirkt zudem demotivierend. Lob und Tadel im klassischen Sinne muss direkt erfolgen. Die emotionale Entlastung bei Verfehlungen des Mitarbeiters ist enorm wichtig. Dies bedarf einer positiven Einstellung bezüglich des Umgangs mit Fehlern, im Sinne von „Fehler sind Chancen besser zu werden und daraus zu lernen.“ Was passiert, wenn die Verfehlung „totgeschwiegen“ wird? Es wird von den Mitarbeitern als Führungsschwäche gesehen und die Führungskraft verliert schnell an Respekt.


Feedback
Bei Feedback handelt es sich um eine reine Information, die sich auf eine Handlung in der Vergangenheit bezieht und an dessen Verursacher/Urheber adressiert wird. Fakt ist, dass wir die Vergangenheit nicht ändern können. Sowohl Lob als auch korrektive Kritik sind Feedback. Sie beziehen sich im Führungsalltag auf das Verhalten von Mitarbeitern.
Beispiel 1: Jemand hat eine Aufgabe zügig und weit vor dem vereinbarten Termin erfolgreich abgeschlossen: Dies löst anerkennende Worte aus => passendes Feedback: Lob.
Beispiel 2: Jemand kommt ohne Entschuldigung zwei Stunden zu spät in die Praxis: Dies löst kritische Worte aus => passendes Feedback: Tadel.
Wichtig ist: Feedback muss immer unmittelbar erfolgen, ganz gleich, ob es sich um positive oder negative Ereignisse handelt.

Feedforward
Feedforward fokussiert sich weniger auf vergangenes Fehlverhalten oder Erfolge, sondern auf die noch gestaltbare Zukunft. Durch Feedforward vermitteln wir nebenbei und selbstverständlich im täglichen Tun die Vision der Praxis. Wir führen unseren Teammitgliedern regelmäßig den Zweck, den Sinn, die Werte, die Mission und Ziele der Praxis vor Augen und verknüpfen diese mit dem täglichen Arbeitsverhalten.
Beim Führen können wir nicht „Everybody’s Darling“ sein. Unpopuläre Entscheidungen müssen zum Wohle des Praxisunternehmens getroffen werden. Die Anwendung von Feedforward setzt eine offene, positive und wertschätzende Haltung voraus. Feedforward ist nicht (nur) für ein Jahresgespräch oder ein handfestes Kritikgespräch geeignet, sondern auch für die Kommunikation im Praxisalltag. Die Qualität der Praxiskultur steigt, denn unser Blick wird nach vorne gerichtet, es wird aktiv, korrektiv und lösungsorientiert kommuniziert. Wir gestalten eine positive und offene Zusammenarbeit und es fühlt sich deutlich besser an als ein herkömmliches
Kritikgespräch.
Drei Schritte werden empfohlen:
1. Die Vision: Sie haben die Vision, Mission und Ziele Ihrer Praxis verinnerlicht. Das ist Voraussetzung, um mit Feedforward erfolgreich zu sein. Jegliche Entscheidung oder Einordnung, die getroffen werden muss, wird der Frage unterzogen, ob es den Unternehmensvorgaben der Praxis entspricht: Ja oder Nein. Das heißt im ersten Schritt, das große Ganze zu betrachten. Der Fokus liegt auch auf dem richtigen bzw. gewünschten Verhalten und nicht auf dem Unerwünschten. Lösungen stehen im Mittelpunkt, nicht Probleme. Der Blick ist auf die Zukunft gerichtet, nicht auf die Vergangenheit und kann von jedem gegeben werden der mit der Aufgabe
vertraut ist.
Vorteil: Feedforward dient dazu, ein starkes und positives Selbstbild aufzubauen.

2. Die Frage: Im zweiten Schritt wird der Mitarbeiter mit eingebunden, indem z. B. die Frage gestellt wird: Wie könnte das Verhalten seiner Meinung nach zukünftig aussehen? Was schlägt er/sie vor?
Vorteil: Effizienter, weil verschiedene Lösungen mit angeboten werden.

3. Das Verhalten: Zur Führungsaufgabe gehört es, den Mitarbeitern die Unternehmensvorgaben in konkreten Verhaltensweisen zu vermitteln. Somit wird im dritten Schritt das zukünftig erwartete Verhalten deutlich, klar und eindeutig im Sinne von unmissverständlich, formuliert. Es wird zum Beispiel zunächst die Situation und anschließend das darauffolgend erwünschte Verhalten beschrieben.
Vorteil: Unterstützt die Kraft der Veränderung, anstatt Resignation und Frust zu fördern.

Zum besseren Verständnis skizzieren wir eine Alltagssituation aus der Praxis. Eine Praxismanagerin hat ihre Kollegin bei einem Patientengespräch erlebt. Jene hat in diesem Gespräch keinen Small Talk geführt, kein persönliches Wort verloren, keine Beziehung zum Patienten aufgebaut und war rein sachlich orientiert. Die Praxismanagerin sieht an dieser Stelle Entwicklungspotenzial und erwartet zukünftig ein anderes Verhalten. Zunächst wird sie ihr Teammitglied nach dessen Einschätzung der Situation fragen und auf die Antwort eingehen. Anschließend kann sie das Feedforward nutzen.

Zum besseren Verständnis skizzieren wir eine Alltagssituation aus der Praxis. Eine Praxismanagerin hat ihre Kollegin bei einem Patientengespräch erlebt. Jene hat in diesem Gespräch keinen Small Talk geführt, kein persönliches Wort verloren, keine Beziehung zum Patienten aufgebaut und war rein sachlich orientiert. Die Praxismanagerin sieht an dieser Stelle Entwicklungspotenzial und erwartet zukünftig ein anderes Verhalten. Zunächst wird sie ihr Teammitglied nach dessen Einschätzung der Situation fragen und auf die Antwort eingehen. Anschließend kann sie das Feedforward nutzen.

1. Die Vision:



2. Die Frage:

3. Das Verhalten:

„Wir hatten gerade das Gespräch mit Frau Musterix. Mir ist an dieser Stelle Folgendes wichtig: Es ist grundsätzlich richtig, gute Aufklärungsgespräche und Vereinbarungen zu erzielen. Darüber hinaus geht es darum, eine Beziehung zur Patientin aufzubauen. Es sollte ihr möglich sein, unsere Behandlungs-/Dienstleistung mit ihnen als sympathische und vertrauenswürdige Person zu verknüpfen. Je besser die Beziehung zur Patientin ist, desto treuer wird sie uns sein. Und wir haben lieber treue, langjährige Patienten, die auch unsere externen Botschafter sind, als eine Vielzahl einmaliger Patienten.“

"Sie haben ja am kommenden Mittwoch das nächste Gespräch mit Frau Musterix. Was meinen Sie, wie könnten Sie dafür sorgen, dass das Gespräch persönlicher verläuft?“

„Ja, das ist eine gute Idee. (....) Also, wenn Sie sich zukünftig mit einer Patientin wie Frau Musterix treffen, fragen Sie ruhig nach ihrem Befinden und erzählen ein wenig von sich. Dann haben wir bald
die Chance auf noch mehr treue, langjährige Patienten.“


Das Ziel von optimal geführten Mitarbeitergesprächen ist es, dem Mitarbeiter die Möglichkeit zu geben, dessen individuelle Karriereplanung, Kompetenzen und Ziele zu besprechen. Hierbei ist es wichtig, dass der Mitarbeiter Unterstützung zur Erlangung eines positiven Selbstbildes erfährt. Durch gezielte Fragen werden Erfolge und auch Misserfolge seit dem letzten Gespräch beleuchtet und der Umgang damit besprochen. Was hat der Mitarbeiter gelernt, auf was ist er stolz, erreicht zu haben, was hat er aufgrund der Ereignisse, ob positiv oder negativ, für Schlüsse daraus gezogen? Haben weniger gute Resultate dazu geführt, besser zu werden oder wirkten diese
eher lähmend?
Mit diesen wichtigen Erkenntnissen können Führungskräfte die Motivatoren und Demotivatoren ihrer Kollegen erkennen und entsprechende Maßnahmen, z. B. zur Kompetenz- und Engagementsteigerung, einleiten.
Wichtig ist, unbedingt darauf zu achten, wertschätzend und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Eine enge Bindung mit den Mitarbeitern zu bewirken, gelingt nur, wenn die Führungskraft echtes Interesse zeigt, eventuelle Ängste erkennt und diese ausräumt, Sicherheit gibt und auch Anteil am Leben des Einzelnen nimmt. Das bedeutet, sich für die Mitarbeiter Zeit zu nehmen. Das ist sicher eine lohnende Investition! Wissen wir doch, wie schwer es ist, neue Kollegen zu finden, einzuarbeiten und langfristig für die Praxis zu gewinnen.

Zusammenfassung
Mitarbeiterjahresgespräche können und sollten besser in die Zukunft gerichtete Mitarbeiter-Fördergespräche sein, die mehr als einmal im Jahr, möglichst situativ erfolgen. Die Anwendung der drei Schritte des Feedforward-Gesprächs stellt eine innovative und zielgerichtete Möglichkeit dar, die auf beiden Seiten Klarheit, Verbindung und Vertrauen schafft und zudem Spaß macht.

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